Vertragspartner geben sich die Hand | BVM BauvertragsmanagementCheckliste: Stundenlohnvertrag § 15 VOB/B Vergütung und Abrechnung

Stundenlohnverträge müssen Auftragnehmer und Auftraggeber VOR der Leistungsausführung am Bau abschließen, um Konflikte zu vermeiden. Mit unserem Blogpost geben wir Ihnen eine „Checkliste Stundenlohnvertrag § 15 VOB/B Vergütung und Abrechnung“ an die Hand, die wesentliche Merkmalen der Stundenlohnvereinbarungen im VOB/B Bauvertrag aufführt und Sie bei der Streitvermeidung unterstützt.

Um Streitigkeiten zu vermeiden, müssen Auftraggeber und Auftragnehmer sich bei der Durchführung und Abrechnung von Stundenlohnarbeiten an die Spielregeln der VOB/B halten.

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VOB/B-Vertrag: Vereinbarung und Abrechnung vom Stundenlohn

Vergütungsarten

Zwischen unterschiedlichen Vergütungsarten können Sie wählen – abhängig von Art und Umfang der Leistung. § 2 Abs. 2 VOB/B besagt, dass die Vergütung nach den vertraglichen Einheitspreisen und den tatsächlich ausgeführten Leistungen berechnet wird, wenn keine andere Berechnungsart vereinbart wird (z.B. Pauschalsumme, nach Stundenlohnsätzen, nach Selbstkosten).

Stundenlohnvertrag § 2 Abs. 10 VOB/B und § 15 VOB/B

Die Vergütung von Stundenlohn bedarf einer separaten Vereinbarung zwischen den Parteien. Über die geleisteten Arbeitsstunden und den dafür erforderlichen, besonders zu vergütenden, Aufwand (Vorhaltung von Maschinen, Frachten, Sonderkosten) sind je nach Verkehrssitte werktäglich oder wöchentlich Listen einzureichen. Dem eigenmächtig handelnden Auftragnehmer steht keine Vergütung zu.

Unterzeichnete Rapportzettel ersetzen nicht die ausdrückliche Vereinbarung von Stundenlohnarbeiten. Im Wesentlichen werden sog. Regiearbeiten im Stundenlohn erbracht. Hierbei handelt es sich in der Regel um flankierende Maßnahmen, die nicht zum eigentlichen Aufgabenbereich des Auftragnehmers gehören (§ 15 VOB/B).

Selbständiger und unselbständiger Stundenlohnvertrag

Selbständige und unselbständige Stundenlohnarbeiten müssen unbedingt unterschieden werden. Der selbständige Stundenlohnvertrag kommt zustande, wenn Sie diesen als eigenen Vertrag abschließen – ohne Verbindung zu einem Leistungsvertrag. Unselbständige Stundenlohnarbeiten sind zusätzliche Leistungen in Verbindung mit ausgeschriebenen Leistungsverträgen.

Wegen der damit verbundenen Unwägbarkeiten für den Auftraggeber dürfen diese bei öffentlicher Vergabe nur für Bauleistungen geringen Umfangs, die überwiegend Lohnkosten verursachen, vergeben werden, § 7 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 VOB/A. Unselbständige Stundenlohnarbeiten dürfen nicht als Auffangpositionen für alle unvorhergesehenen Zusatzleistungen pauschal herangezogen werden.

Stundenlöhne kommen zum Tragen, wenn der Arbeitsaufwand nur ungenau zu ermitteln ist. Sie haben einen „geringen Umfang“, wenn die Vergabe als Leistungsvertrag nicht im Verhältnis zum Aufwand oder keine Angebote zu erwarten sind. Den Bewertungsmaßstab für die angehängten Stundenlohnarbeiten stellt das Verhältnis zu den im Bauvertrag ansonsten ausgeschriebenen „Hauptleistungen“ dar.

Erforderlich sind Stundenlohnarbeiten ausnahmeweise für solche Leistungen, die keiner anderen im Leistungsverzeichnis ausgewiesenen Leistungsposition zugeordnet werden können. Deshalb ist die Abrechnung nach Stundenlohn der Ausnahmefall. Der erforderliche Umfang ist festzustellen und in einem Vermerk zu dokumentieren.

Entgegen ihrem Ausnahmecharakter nach der VOB erscheinen in vielen Abschlags-/ Schlussrechnungen Stundenlohnarbeiten meist für Nachtragsleistungen. Dies, obwohl Ansprüche nach § 2 Abs. 5 (Änderungen des Bauentwurfs oder andere Anordnungen des Auftraggebers) oder § 2 Abs. 6 VOB/B (für eine im Vertrag nicht vorgesehene Leistung, die zur Ausführung der vertraglichen Leistung erforderlich ist) entweder auf Basis der vereinbarungsgemäß hinterlegten Urkalkulation oder nach tatsächlich erforderlichen Kosten abzurechnen sind.

Selbständiger Stundenlohnvertrag

Hierbei haben die Parteien alle zu erbringenden Leistungen auf Stundenlohnbasis vereinbart. Kommen Leistungen dieses Vertrages ganz oder teilweise nicht zur Ausführung, ist dies als (Teil-)Kündigung zu betrachten. Folglich hat der Auftragnehmer Anspruch auf Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen und eines anderweitigen Erwerbs.

Wird die im Vertrag vorgesehene Stundenzahl reduziert, werden die tatsächlich angefallenen Stunden vergütet. Anders als beim Einheitspreisvertrag erfolgt kein Gemeinkostenausgleich für Mehr-/Mindermengen.

Unselbständiger Stundenlohnvertrag

Die im Leistungsverzeichnis enthaltenen unselbständig angehängten Stundenlohnarbeiten gehören nicht zum Vertragsumfang. Diese sind wie Bedarfspositionen zu behandeln und stehen unter der Bedingung einer gesonderten Beauftragung durch den Auftraggeber. Es gelten die vereinbarten Stundenlohnverrechnungssätze, unabhängig von der tatsächlichen Anzahl der geleisteten Stunden.

Werden Stundenlohnaufträge nicht erteilt, steht dem Auftragnehmer auch keine Vergütung zu. Sofern nach Stundenlohn abgerechnet wird, sind die besonderen vertraglichen Voraussetzungen zu beachten. Diese sind besonders streng beim VOB-Vertrag. Folgende Vorgehensweise ist einzuhalten:

Vorschriften VOB/B

Erläuterungen zu VOB/B

1. Maßnahme

Stundenlohnarbeiten müssen
vereinbart sein,
§ 2 Abs. 10 § 15 Abs. 1

Vor der Durchführung müssen Stundenlohnarbeiten von beiden Vertragspartnern ausdrücklich vereinbart werden. Gibt es keine ausdrückliche Vereinbarung oder ist diese nicht nachweisbar, wird nach Einheitspreisen abgerechnet.

Irrtümlich gehen Auftragnehmer häufig davon aus, dass die im Leistungsverzeichnis aufgeführten „Stundenlohnarbeiten“ eine echte LV-Position darstellen. Es handelt sich hierbei aber nicht um eine Vereinbarung von Stundenlohnarbeiten. Es geht lediglich um eine Preisvereinbarung. Zu beachten ist insbesondere:

Vorsicht: Die Bevollmächtigung der Bauleitung, Stundenlohnnachweise abzuzeichnen, beinhaltet keine Vollmacht zur Auftragserteilung von Stundenlohnarbeiten. Eine vorformulierte Vertragsbedingung, wonach Stundenlohnarbeiten nur bezahlt werden, wenn sie vorher schriftlich vom Auftraggeber angeordnet wurden, begegnet nach derzeitiger Rechtsprechung keinen Bedenken und ist wirksam.

Bei der Durchführung der Arbeiten trifft den Auftragnehmer die Verpflichtung, auf eine wirtschaftliche Durchführung zu achten.

2. Maßnahme

Stundenlohnarbeiten sind
vor Beginn anzuzeigen,
§ 15 Abs. 3 VOB/B

Nach § 15 Abs. 3 VOB/B muss der Auftragnehmer die Ausführung der Leistungen vor Beginn anzeigen. Es ist zwar keine Anspruchsvoraussetzung, trotzdem aber empfehlenswert. Zwar kann der Auftragnehmer auch vereinbarten Stundenlohn verlangen, wenn er nicht angezeigt hat. Er muss jedoch auf andere Weise den Umfang der Arbeiten exakt nachweisen und auf Verlangen den geleisteten Aufwand nachvollziehbar erläutern.

Für den Auftraggeber ist die Verpflichtung des Auftragnehmers zur vorherigen Beginnsanzeige der beabsichtigten Leistungen auf Stundenlohnbasis zweckmäßig, um die Erforderlichkeit und den Umfang der zu erbringenden Leistungen zu überprüfen.

3. Maßnahme

Anforderungen an die Vorlage und Dokumentation der Leistungen auf Stundenlohnzetteln
§ 15 Abs. 3 VOB/B

Die ausgeführten Arbeiten sind mit Stundenlohnzetteln nachzuweisen. Sie sind ein wichtiges Dokument und müssen daher exakt ausgefüllt werden. Folgende Angaben sollten auf dem Stundenzetteln enthalten sein, damit der Auftraggeber Art und Umfang der Leistung prüfen kann.

  • Datum
  • Bezeichnung der Baustelle
  • Genaue Bezeichnung des Bauteils
  • Exakte Beschreibung und Menge der ausgeführten Leistung
  • Dauer der Arbeiten
  • Eingesetztes Personal mit Qualifikation
  • Eingesetzte Maschinen und Materialien
  • Anordnende Stelle

Je nach Stundenlohnvertrag und Verkehrssitte sind die Nachweise werktäglich oder wöchentlich einzureichen.

Mit der Unterschrift unter die vom Auftragnehmer vorgelegten Stundenzettel quittiert der Auftraggeber oder der zur Bauleitung Ermächtigte, dass der Auftragnehmer die aufgelisteten Stunden geleistet hat. Er bestätigt nicht, dass eine Stundenlohnabrede getroffen ist und der Stundenansatz erforderlich war.

AGB-widrig erscheint eine vom Auftraggeber formulierte Klausel im Stundenlohnvertrag, wonach Stundenzettel spätestens innerhalb einer Woche vom Auftragnehmer vorzulegen seien, da ansonsten der Vergütungsanspruch erlösche.

4.     Maßnahme

Auftraggeber muss die vorgelegten Stundenzettel unverzüglich prüfen und spätestens 6 Werktage nach Zugang zurückzugeben, ansonsten gelten sie als anerkannt.
§ 15 Abs. 3 VOB/B

Für den Auftraggeber ist es notwendig, die vorgelegten Stundenzettel unverzüglich zu prüfen, innerhalb von 6 Werktagen zurückzugeben und etwaige Beanstandungen schriftlich zu erheben. Nicht fristgemäß zurückgegebene Stundenlohnnachweise gelten als anerkannt. Wird die Nachweise ohne Beanstandung zurückgegeben, so gelten die Angaben auf dem Stundenzettel als anerkannt.

Von dieser Anerkenntnis kann sich der Auftraggeber nur „befreien“, wenn er nachweist, dass die Angaben auf dem Stundenlohnzettel falsch sind und er die Unrichtigkeit bei Vorlage der Stundennachweise nicht erkennen konnte. Einwendungen gegen die Angemessenheit der Stunden sind möglich. Jedoch trägt der Auftraggeber die Darlegungs- und Beweislast für die Unangemessenheit der berechneten Stunden. Bei einer unangemessenen Dauer der Arbeiten könnte eine Verletzung des Stundenlohnvertrages vorliegen, die diejenige Vertragspartei zu beweisen hat, die Rechte daraus abzuleiten beabsichtigt. Der Auftragnehmer muss die Erforderlichkeit der vergütungspflichtigen Stunden darlegen.

5.     Maßnahme

Stundenlohnrechnungen sind alsbald, längstens in Abständen von nach 4 Wochen einzureichen,
§ 15 Abs. 4 VOB/B

Die VOB/B verlangt eine rasche Abwicklung von Stundenlohnverträgen. Sinn und Zweck ist die zeitnahe Überwachungs- und Kontrollmöglichkeit der erbrachten Leistungen für den Auftraggeber.

Stundenlohnrechnungen sind unverzüglich nach Abschluss der Arbeiten prüfbar abzurechen, längstens jedoch in Abständen von vier Wochen. Sie gehören nicht in die Schlussrechnung und werden binnen 21 Tagen nach Zugang der Aufstellung fällig. Ein Anspruch auf Sicherheitsleistung durch den Auftraggeber gibt es grundsätzlich nicht, da Stundenlohnarbeiten ihrer Natur nach nicht zum originären Aufgabenbereich des Auftragnehmers gehören. Aus demselben Grund ist dafür auch ein Sicherungseinbehalt für Mängelansprüche ausgeschlossen.

Soweit Stundenlohnzettel nicht prüfbar sind, wird die Vergütung nicht fällig.

Beim BGB-Vertrag gelten die vorstehend genannten Regelungen der Stundenlohnvereinbarung nach VOB/B nicht unmittelbar. Insbesondere kommt die Anerkenntnisfiktion hinsichtlich nicht zurückgegebener Stundenlohnzettel § 15 Abs. 3 S. 5 nicht zum Tragen.

Vorschriften des BGB Anmerkungen
Keine Aussage Weder das Allgemeine Werkvertragsrecht noch das BGB-Bauvertragsrecht enthält Aussagen über Stundenlohnarbeiten.

Die Nichterwähnung bedeutet aber nicht, dass diese ausgeschlossen sind.

Stundenlohnarbeiten werden aber auch beim BGB-Vertrag nur vergütet, wenn sie als solche vor ihrem Beginn ausdrücklich vereinbart worden sind.

Die Regelungen des Stundenlohnvertrages nach VOB/B zeichnen sich durch besondere Anzeige-, Einreichungs- und Prüffristen aus. Diese Vorschriften sollen bewirken, die Abrechnung derartiger Arbeiten für alle Parteien transparent zu machen.

Streitigkeiten beim Stundenlohnvertrag können Sie vorbeugen, wenn Sie die vorstehend aufgeführten Maßnahmen beachten. Werden bei tatsächlich vereinbarten Stundenlohnarbeiten die entsprechenden Anzeigen bzw. Fristen nicht eingehalten, führt dies zwar nicht zum Erlöschen des Vergütungsanspruchs, allerdings verlagert sich Darlegungs- und Beweislast auf den Auftragnehmer.

Wird das gemäß Stundenlohnvertrag zu verwendende und abgerechnete Material nicht den einzelnen Arbeitsleistungen zugeordnet und lässt es sich auch im Nachhinein nicht zuordnen, ist die Abrechnung nicht prüfbar. Der lückenlose Nachweis der vergütungspflichtigen Leistungen gelingt dem Auftragnehmer häufig nicht, sodass erbitterte Streitigkeiten bei der Rechnungsprüfung ausgelöst werden.

Stundenlohnvertrag: Praxis-Tipps

  • Auftragnehmer müssen Stundenlohnarbeiten beweisbar vereinbaren. Ist kein ausdrücklicher Stundenlohnvertrag nachweisbar, muss grundsätzlich nach Einheitspreisen abgerechnet werden.
  • Stundenzettel müssen ordnungsgemäß ausgestellt werden und alle notwendigen Angaben enthalten, die den Vergütungsanspruch belegen. Fehler und Unzulänglichkeiten führen dazu, dass später die erbrachten Arbeitsleistungen für den Auftraggeber nicht prüfbar sind. Für den Auftragnehmer ist sonst der Nachweis schwierig zu führen, dass die abgerechneten Regiearbeiten sich nicht auf Leistungen beziehen, die bereits in Positionen des Leistungsverzeichnisses mit Einheitspreisen abgegolten werden.
  • Bei nicht sorgfältig ausgefüllten Stundenzetteln können sich Auftragnehmer bei Baustreitigkeiten selten auf die Zeugenaussagen ihrer Mitarbeiter verlassen. In der Baupraxis fallen viele Stundenlohnabrechnungen dem schlechten Erinnerungsvermögen der Beteiligten zum Opfer, wenn Beweisfragen seitens des Gerichtes oder gegnerischer Rechtsanwälte gestellt werden. In der Regel sind die als Zeugen zu ladenden Mitarbeiter außer Stande, zwischen vertraglichen Leistungen nach Einheitspreisen oder Pauschalvereinbarungen und den Stundenlohnarbeiten zu unterscheiden. Wenn es zu Gerichtsverfahren kommt, können Ansprüche nicht mehr belegt werden. Mangels Dokumentation durch die Auftragnehmer ist dann in der Regel nicht mehr nachvollziehbar, welche Personen und Betriebsmittel am streitgegenständlichen Bauvorhaben eingesetzt wurden. Viele Bauprozesse finden viele Jahre nach Fertigstellung des Bauvorhabens statt und betroffene Mitarbeiter sind nicht mehr im Unternehmen tätig.
  • Auftragnehmer müssen unbedingt darauf achten, dass die Unterschrift bei Stundenlohnzetteln vom Auftraggeber oder von bevollmächtigten Personen stammt. Strittig ist, ob der bauleitende Architekt Stundenzettel wirksam für den Auftraggeber anerkennen kann. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das bisher nur für einen besonderen Ausnahmefall bejaht, bei dem sich aus den Umständen eine besondere Bevollmächtigung ergab. Dieses Problem bei Baustreitigkeiten erscheint vermeidbar, wenn bei Bauvertragsabschluss festgestellt wird, wer zu welchem Zweck in welchem Umfang auftraggeber- und auftragnehmerseitig bevollmächtigt ist.

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