Bauvertragsrecht-Konflikte: Kooperation statt Konfrontation
Im Bauwesen zählt: Kooperation statt Konfrontation – Bauen statt Streiten! Im Bauvertragsrecht spielen Kooperations- und Mitwirkungspflichten eine entscheidende Rolle bei der erfolgreichen Umsetzung von Nachträgen. Der Artikel beleuchtet die häufigsten Konfliktursachen, baurechtliche Grundlagen sowie Pflichten, die für Baubeteiligte wichtig sind.
Was sind die Hauptursachen für Streitigkeiten am Bau?
Es geht bei den Streitigkeiten zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer vor allem um:
- das Bausoll,
- Qualitäten,
- geänderte oder zusätzliche Leistungen,
- Mehrmengen oder
- Bauablaufänderungen und Bauzeitverschiebungen.
Nach einer aktuellen Umfrage von Prof. Dr. Andreas Koenen werden zentrale Ursachen für Konflikte bei der Abwicklung von Bauverträgen wie folgt benannt:
- ungewollte Vertragsänderungen (32 %),
- gewollte Änderungen (29 %),
- Kostenüberschreitungen (25 %),
- Zahlungsstreitigkeiten (24 %),
- schlechte Projektkoordination (23 %),
- unklare Vertragsinterpretationen (19 %),
- Schwierigkeiten bei der Einhaltung von Normen (21 %).
Signifikant sind mit 37 % der Befragten die Streitigkeiten wegen Qualitätsmängeln aufgrund unzureichender Planung oder Kontrollen durch Fachkräfte, die zu den Verzögerungen im Bauablauf und regelmäßig zu Nachträgen und Mehrkosten führen.
Was ist die Kooperationspflicht?
Gemäß der Kooperationspflicht sind die Vertragsparteien verpflichtet, die Voraussetzungen für einen Kooperationsvertrag zu schaffen und Hindernisse zu beseitigen. Eine frühzeitige und transparente Kommunikation minimiert Missverständnisse.
Die Kooperationspflicht im Bauvertrag verlangt ein kooperatives Verhalten nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 642 BGB) zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, um Konflikte zu vermeiden und den Erfolg des Projekts zu sichern. Der Bundesgerichtshof (BGH) bezeichnet den Bauvertrag als „Kooperationsverhältnis“.
Gemäß dieser höchstrichterliche Rechtsprechung stellt fest, dass die Parteien:
- aus dem Kooperationsverhältnis Pflichten und Obliegenheiten zur Mitwirkung und gegenseitigen Information einhalten müssen,
- Konflikte möglichst einvernehmlich beilegen müssen, wenn nach Ansicht einer Partei die Abwicklung des Bauvertrages oder der Inhalt des Bauvertrages an die geänderten tatsächlichen Bauumstände angepasst werden muss,
- die Verpflichtung zum Verhandeln nur dann entfällt, wenn eine Partei eine einvernehmliche Streitbeilegung nachhaltig verweigert und das Vertrauensverhältnis endgültig gestört ist.
Die Kooperationspflicht ist unter Berücksichtigung des Langzeitcharakters und der damit verbundenen Dynamik in Bezug auf Nachträge relevant.
Grundlagen zu Kooperationspflichten im Bauvertragsrecht
Die Kooperationspflichten sind sowohl bei einem VOB/B Bauvertrag als auch bei einem BGB-Bauvertrag relevant. Bei einem VOB/B Bauvertrag resultieren sie insbesondere aus folgenden Paragrafen:
- §§ 2 Abs. 5 VOB (geänderte Leistungen und andere Anordnungen),
- § 2 Abs. 6 VOB (zusätzlich erforderliche Leistungen) in Verbindung mit § 1 Abs. 4 Satz 2 VOB (Zustimmung durch den AN bei Zusatzleistungen),
- § 4 Abs. 10 VOB (gemeinsame Zustandsfeststellung)
- § 8 Abs. 6 i.V.m. § 14 Abs. 2 VOB (gemeinsames Aufmaß),
- § 12 Abs. 4 Nr. 1 (förmliche Abnahme und § 14 Abs. 2 VOB gemeinsame Feststellung zur Vornahme der Abrechnung).
Im BGB Vertrag finden sich die entsprechenden Vorschriften zur Mitwirkungspflicht in den § 642 BGB, § 650 a–c zu der Bearbeitung von Nachträgen sowie zur Abnahme § 640Abs. 2 BGB.
Welche Risiken bergen Bauvertragsrecht-Konflikte?
Konflikte bei Nachträgen können zu ernsthaften wirtschaftlichen Risiken für beide Bauvertragsparteien führen. Wenn Nachträge nicht anerkannt und bezahlt werden, könnte eine Arbeitseinstellung als Druckmittel auf den Auftraggeber rechtlich problematisch werden.
Dieses Verhalten kann zu erheblichen Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Auftraggeber verpflichten, wenn im Nachhinein festgestellt wird, dass Nachtragsforderungen nicht berechtigt waren.
Für den Auftraggeber besteht das Risiko, dass Bauvertragsrecht-Konflikte die Baustelle zum Erliegen bringen, wenn er Zahlungsansprüche einer Nachtragsvereinbarung verweigert. Eine unzureichende Kooperationsbereitschaft des Auftraggebers kann zu rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen führen und zusätzliche Bauzeitverzögerungen verursachen, da sich die Störungen im Bauablauf auf die weitere Koordination der anderen Gewerke auswirken.
Fazit
Wenn beide Parteien auf ein aktives Konfliktmanagement setzen, können Bauvertragsrecht-Konflikte bei Nachträgen vermieden werden. Die Parteien können mit fundiertem Wissen für die Rechte und Pflichten, Chancen und Risiken frühzeitig Lösungen herbeiführen und rechtliche Auseinandersetzungen sowie wirtschaftliche Verluste vermeiden. Damit Streitfragen über Nachträge und Bauablaufänderungen oder Anforderungen an Qualitäten zeitnah geklärt werden können, sollten die Parteien unbedingt Mechanismen zur außergerichtlichen Streitbeilegung oder zur Mediation im Bauvertrag verankern.
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