Gebäudetyp E: Was bedeutet „einfaches Bauen“ für Architekten und Ingenieure?

Mit dem neuen Gebäudetyp E schafft Bayern neue Spielräume für innovatives, nachhaltiges und zugleich wirtschaftliches Bauen. Das Ziel: mehr Freiheit in der Planung, weniger Bürokratie und eine Stärkung der Eigenverantwortung aller am Bau Beteiligten. In diesem Beitrag erfahren Sie, was die neuen Regeln für die Baubranche bedeuten.

Neue Möglichkeiten und mehr Verantwortung

Neue Chancen für kreative und effiziente Baukonzepte bringen für Architekten und Ingenieure auch neue Pflichten und Verantwortlichkeiten. Nach § 650p Abs. 1 und 2 BGB gehören die Erstellung der Planungsgrundlagen sowie die Ermittlung und Abstimmung der Planungs- und Überwachungsziele zu den vertragstypischen Pflichten der Architekten- und Ingenieure.

Wenn diese Ziele zu Beginn eines Projekts noch nicht eindeutig in den Architekten- und Ingenieurverträgen definiert sind, gehört es zu den Leistungspflichten des Planers oder der Planerin, zunächst eine fundierte Planungsgrundlage vor das Bauvorhaben einschließlich Außenanlagen zu erstellen und eine erste Kosteneinschätzung vorzunehmen.

Klare Dokumentation und Kommunikation

Der Gebäudetyp E fordert präzise Dokumentation und klare Kommunikation zwischen Auftraggebern und Planern. Im weiteren Verlauf des Bauprojekts müssen Architekten und Ingenieure die Planungsziele laufend mit dem Auftraggeber (Besteller) abstimmen – ein entscheidender Schritt, um Transparenz, Rechtssicherheit und Planungseffizienz sicherzustellen. Die aktuellen Vorschriften zum Gebäudetyp E und seine Zielsetzungen haben unmittelbare Auswirkung auf die Leistungspflichten der Architekten und Ingenieure.

Gebäudetyp-E: Fragen und Antworten

1. Was ist das Gebäudetyp-E-Gesetz, und was sind seine Ziele?

Beim „Gebäudetyp E“ handelt es sich nicht um ein Gebäude, sondern um ein Gesetz. Dieses wurde vom Bundeskabinett am 6. November 2024 verabschiedet und bezweckt die Vereinfachung, Kostensenkung und Bürokratiereduktion im Gebäudebau. Das Gesetz erlaubt Bauherren und Architekten, freiwillig auf definierte Komfortstandards zu verzichten, sofern die grundlegenden Anforderungen an Sicherheit, Brandschutz und Gesundheit gewährleistet sind.

2. Was ist die rechtliche Grundlage für den Gebäudetyp E?

Der Gebäudetyp E soll Bauvorhaben vereinfachen. Die rechtliche Grundlage bildet Artikel 63 der Bayerischen Bauordnung (BayBO). Dieser Artikel gestattet Abweichungen von Normen, wenn Sicherheit und Ordnung aufrechterhalten bleiben. Die aktuellen Modifikationen der BayBO sind im Gesetz- und Verordnungsblatt unter „§ 13 – Weitere Änderungen der Bayerischen Bauordnung“ publiziert.

3. Welche Änderungen bringt das Gebäudetyp-E-Gesetz für Bauherren, Architekten und Gemeinden?

Das „einfache Bauen“ ermöglicht Bauherren und Architekten die Planung und Realisierung normfreier Lösungen. Sie können ihre Projekte als Gebäudetyp E deklarieren, um von Vereinfachungen zu profitieren, insbesondere bei der Haustechnik, dem Schallschutz und der Baustoffauswahl. Gemeinden erhalten erhöhte Autonomie im Satzungsrecht und reduzierte Detailvorgaben, was lokale Lösungen und einfache Baukonzepte unterstützt. Die Gemeinden müssen ihre Satzungen anpassen, um die neuen Bestimmungen zu implementieren, und werden zur aktiven Förderung innovativer, einfacher Bauweisen angeregt.

4. Ab wann gelten die Änderungen in Bayern?

Bereits zum 1. Januar 2025 wurden erste Verfahrensvereinfachungen und Anpassungen umgesetzt, darunter die Ausweitung der Verfahrensfreiheit bei Bauvorhaben und eine verpflichtende Vollständigkeitsprüfung von Bauanträgen innerhalb von drei Wochen. Die wichtigsten Änderungen treten am 1. Oktober 2025 in Kraft.

5. Welche wesentlichen Änderungen sind ab dem 1. Oktober 2025 relevant?

  • Wegfall der generellen Stellplatzpflicht: Die generelle Pflicht, für Neubauten eine bestimmte Anzahl von Stellplätzen zu schaffen, entfällt. Gemeinden können nun individuell in ihren Satzungen festlegen, wie viele Stellplätze erforderlich sind. Dies erleichtert kompakte und kostengünstige Bauweisen, insbesondere in urbanen Gebieten.
  • Mehr Autonomie für Gemeinden im Satzungsrecht: Gemeinden haben mehr Handlungsspielraum und weniger Detailvorgaben, was die Förderung lokaler und einfacher Baukonzepte unterstützt.
  • Zulassung von Abweichungen (Art. 63 BayBO): Abweichungen von Normen werden zugelassen, wenn die Schutzziele erfüllt sind. Dies ist das Kerninstrument für den Gebäudetyp E.
  • Flexiblere und weniger formalistische Prüfungen: Die Bauaufsichtsbehörden prüfen Bauanträge künftig flexibler, was innovative Projekte und insbesondere den Holzbau erleichtert.

6. Wie unterstützt das Gebäudetyp-E-Gesetz nachhaltiges Bauen?

Das Gesetz fördert den Einsatz alternativer Baustoffe, vereinfachter Haustechnik und reduzierter Schallschutzanforderungen, um ressourcenschonende und kostengünstige Gebäude zu ermöglichen. Pilotprojekte in Bayern, an denen Wohnungsbauunternehmen, Kommunen und der staatliche Hochbau teilnehmen, erproben diese neuen Bau- und Wohnformen. Die Projekte werden wissenschaftlich begleitet, um die Auswirkungen auf Kosten, Qualität und Bauordnungsrecht zu analysieren und die Wirksamkeit der Erleichterungen zu bewerten.

7. Welche Verantwortung haben Planer:innen und Bauleiter:innen?

Planer:innen müssen normfreie Lösungen fachlich begründen und das Projekt als Gebäudetyp E kennzeichnen. Bauleiter:innen sind verantwortlich für die Umsetzung der dokumentierten Abweichungen und müssen diese entsprechend überwachen und dokumentieren.

8. Wie wirkt sich das Gesetz auf die Bauantragsverfahren aus?

Ab 1. Januar 2025 müssen Bauanträge bei den unteren Bauaufsichtsbehörden eingereicht werden. Die Behörden sind verpflichtet, innerhalb von drei Wochen eine Vollständigkeitsprüfung durchzuführen. Die Beteiligung der Gemeinden erfolgt über das Landratsamt als untere Bauaufsichtsbehörde. Verfahren werden insgesamt flexibler und weniger formalistisch gestaltet.

Fazit:

Der Erlass vom 29. September 2025 markiert den praktischen Startpunkt für das einfache Bauen in Bayern. Er stärkt die Eigenverantwortung aller Beteiligten, senkt Baukosten und schafft Raum für kreative, nachhaltige und innovative Bauprojekte.