Konstruktives Claim-Management

Claim-Management bzw. Nachtragsmanagement gewinnt auch für kleinere und mittlere Bauunternehmen an Bedeutung. Gründe dafür sind die Vergabepolitik, der Wettbewerb durch die verkürzten Planungs- und Bauphasen sowie die knappen Gewinnspannen.

Gründe für Mehrkosten dokumentieren

Für Auftraggeber ist es von entscheidender Bedeutung, dass das Finanzierungsbudget eingehalten wird, und ein Auftragnehmer kann nicht mehr darauf verzichten, die durch Nachträge und Bauablaufstörungen entstandenen Mehrkosten zu verlangen. Wenn ein Auftragnehmer die durch Verzögerungen entstandenen Mehrkosten geltend machen will, muss er die Ursachen für die Verzögerungen klar benennen und das ursprüngliche Budget vorlegen können.

Fristen und Vertragsklauseln

Es ist wichtig, sowohl die Planung und Entscheidungen für die Umsetzung des Bauprojekts sowie die damit verbundenen Vertragsklauseln und Fristen zu beachten und das Projekt sorgfältig zu dokumentieren. Ein häufiges Problem ist, wenn sich das vorgesehene Raumprogramm ändert. Dann muss der Auftragnehmer ein neues Angebot abgeben, was den Auftraggeber oft nicht zufriedenstellt. Der Fertigstellungstermin muss gehalten werden, sonst droht eine Vertragsstrafe. Vertragsklarheit und realistische Bauzeitpläne würden Nachträge und Bauablaufstörungen vermeiden.

Was bedeutet Vertragsklarheit?

Vertragsklarheit bedeutet, dass die Planung abgeschlossen sein muss, bevor die Arbeiten beginnen. Zudem muss die Nutzung des Gebäudes festgelegt sein, damit die technischen Anforderungen ermittelt werden können. Im Bauprojektmanagement wird festgehalten, wer wofür die Verantwortung trägt. Ohne eindeutig ausformulierte Leistungsverzeichnisse und Vertragsunterlagen kann der Bausoll nicht bestimmt werden. Wenn alle Beteiligten an einem Bauvorhaben gut zusammenarbeiten, kann der Auftragnehmer in der Anfangsphase der Planung Möglichkeiten zur Verbesserung der Ausführung vorschlagen und dadurch einen Zuschlag in der Ausführungsphase erhalten.

Kooperation anstatt Vertragsstrafen

Viele erfolgreiche Unternehmen haben sich inzwischen vom direktiven Bauvertrag hin zum kooperativen Vertragsmodell bewegt, wobei Vertragsstrafen als Druckmittel vermieden werden und stattdessen Anreize in Form eines Bonussystems für Baupreis- und Bauzeitenverpflichtungen geschaffen werden. Andererseits ist der konventionelle Bauvertrag, bei dem ausschließlich der Wettbewerbspreis eine Rolle spielt, bei öffentlichen Auftraggebern immer noch der Standard.

Mehrkosten durch Bauablaufstörungen

Es gibt viele Gründe, warum Nachträge und Abweichungen zu einem gestörten Bauablauf führen können, angefangen vom Untergrund bis hin zur Witterung, von Änderungen an den Nutzerbedürfnissen bis hin zu Organisationsproblemen bei den ausführenden Gewerken. Dadurch können Auftragnehmer nicht wie vorgesehen mit der Arbeit beginnen, oder der Ablauf ist nicht so umsetzbar, wie es ursprünglich bei der Kostenkalkulation angenommen wurde. Um einen Deckungsbeitragsverlust zu vermeiden, muss man einen anderen Bauauftrag dazwischenschieben oder die Arbeitskräfte auf der Baustelle neu verteilen. Dies kann erhebliche Kostensteigerungen nach sich ziehen, die notiert werden müssen, um Nachträge, Bedenken und Dienstleistungsstörungen geltend zu machen – im ungünstigsten Fall auch vor einem Gericht.

Haftung vor Gericht

Die Gerichte fordern, dass der Auftragnehmer in bestimmten Fällen vor Baubeginn seine Verfügbarkeit mitteilen und die behindernden Umstände dokumentieren muss. Jede Beeinträchtigung muss der jeweiligen Leistungsposition zugeordnet werden, um dem Auftraggeber anzuzeigen, wer haftbar ist und welche finanziellen, organisatorischen und terminlichen Auswirkungen sich daraus ergeben. Diese Information reicht jedoch nicht aus: Der Auftraggeber muss auch über den Wegfall der störenden Faktoren und die Wiederaufnahme der Arbeiten informiert werden. Um teure Gerichtsverfahren zu vermeiden, empfiehlt sich die außergerichtliche Streitbeilegung und das Einschalten eines Baumediators bzw. Streitlösers.

Kalkulation offenlegen

Um dem Auftraggeber die Höhe der Mehrkosten zu veranschaulichen, muss der Auftragnehmer seine ursprüngliche Kostenschätzung und einen Ablaufplan für den Bauzeitraum vorlegen. Dadurch können die Anzahl der Mitarbeiter und die Lieferzeiten des Materials ermittelt werden. Obwohl es unangenehm ist, muss man seine Kalkulation offenlegen, wenn es zu Änderungen und Mehrkosten kommt.

Fazit

Für Auftraggeber, Planer und Auftragnehmer ist es unverzichtbar, auf bauwirtschaftlicher und baurechtlicher Basis Lösungen zu finden, damit die Darlegung und Berechnung von Ansprüchen zügig und prüfbar gelingt. Die richtigen Methoden befähigen die Parteien dazu, berechtigte Nachtragsforderungen gemäß VOB/B 2012 sowie Entschädigungsansprüche gemäß § 642 BGB zu regeln.

Mehr zu dem Thema lesen Sie im Beitrag „Was Auftragnehmer und -geber beachten müssen“ in der Allgemeinen Bauzeitung erschienen ist: Was Auftragnehmer und -geber beachten müssen.